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Interview mit Regine Gebhardt vom BIT-Zentrum des BBSB e. V.

Im BIT-Zentrum in München werden Zeichnungen und Texte in barrierefreie Formate umgesetzt. Auch die Druckausgaben des Servicebuch Auge werden hier barrierefrei aufgearbeitet. Im Interview erklärt uns Regine Gebhardt, langjährige Mitarbeiterin mit dem Schwerpunkt „Barrierefreie PDF-Dateien“, was bei der Erstellung zu beachten und was ihr persönlich wichtig ist.

Frau Gebhardt, digitale Barrierefreiheit ist ja in aller Munde. Was ist in diesem Zusammenhang das Angebot des BIT-Zentrums?

Zunächst: Das Kürzel BIT steht für Beratung – Information – Textservice. Das Besondere am BIT-Zentrum ist, dass Menschen mit Seheinschränkungen sich genau jene Texte zugänglich machen können, die sie gerade für Ausbildung, Beruf oder private Zwecke brauchen. Das wird eifrig genutzt: Etwa 350 Hörbücher und über 700 Produktionen in Brailleschrift, in digitalen und taktilen Medien setzen wir jedes Jahr um. Dadurch können sehbehinderte und blinde Menschen an Sprachkursen oder beruflichen Fortbildungen teilnehmen, Freunde bekochen oder beispielsweise den Reiseführer als Hörbuch mitführen, ohne sich ausgegrenzt zu fühlen. 
Ich bin nunmehr seit fast 13 Jahren im BIT beschäftigt und hauptsächlich für die Erstellung von barrierefreien PDF-Dateien zuständig. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass Dokumente von jedermann lesbar sind; unser Spektrum reicht dabei von einseitigen Pressemitteilungen, über mehrseitige Flyer und Broschüren, bis hin zu komplexen Formularen. 
Sobald die Erstellung von meiner Seite abgeschlossen ist, durchläuft jede Datei eine technische Prüfung und abschließend testet mein blinder IT-Kollege die Dokumente auf Praxistauglichkeit. Diesen „Luxus“ weiß ich übrigens sehr zu schätzen, da die technische Prüfung bei Weitem nicht alles abdeckt.

Was unterscheidet sich eigentlich ein barrierefreies PDF von einem „normalen“ PDF?

Ein „normales“ PDF ist in der Regel für blinde und sehbehinderte Personen nur bedingt barrierefrei. Die Lesereihenfolge stimmt oftmals nicht, es gibt wenig bis keine Überschriften, Listen sind als solche nicht ausgezeichnet, Verlinkungen zu Webseiten und E-Mail-Adressen fehlen, es werden keine Alternativtexte für Bilder und Grafiken vorgelesen, Tabellendaten sind nicht korrekt zu erfassen etc. Das schlimmste Szenario und glücklicherweise eher die Ausnahme ist, wenn es sich bei dem PDF um eine eingescannte Vorlage handelt, also ein Bild – in diesem Fall lässt sich generell kein durchsuchbarer bzw. lesbarer Text erkennen. 
Im barrierefreien PDF hingegen wird eine Struktur angelegt, sogenannte Tags, die jedem Inhalts-Element eine Bedeutung zuweisen: Überschriften, Zwischenüberschriften, Listenelemente, Fußnoten, Verlinkungen etc.; all diese Tags sind für eine sehende Person auf den ersten Blick unsichtbar. 
Die größte optische Unterscheidung besteht wohl darin, dass man mit der Maus über ein Foto fährt und daraufhin der Alternativtext aufploppt: Hier lässt sich zumindest schon mal erkennen, dass sich jemand die Mühe gegeben hat, das Dokument zugänglich zu machen. Inwieweit dies dann allerdings auch wirklich gegeben ist, entscheidet ein Blick „hinter die Kulissen“, also in den Tag-Baum des PDFs bzw. der Test mit Screenreader und technischem Prüfprogramm.

Seit kurzem steht auch die neue Ausgabe des „Servicebuch Auge“ als barrierefreies PDF zum Download bereit. Gab es bei der Erstellung irgendwelche besonderen Herausforderungen?

Die Herausforderung bzw. mein persönlicher Anspruch ist stets, so viele Informationen wie möglich herauszuholen. Mein Credo: Was wir Sehenden mit dem Auge erfassen, sollten blinde und sehbehinderte Personen ebenso vorgelesen bekommen. Im „Servicebuch Auge“ gibt es viele Anzeigen mit Kontaktdaten und zusätzlichen Informationen. Es war mir wichtig, auch diesen Serviceteil barrierefrei aufzubereiten, damit nichts untergeht. Das ist natürlich mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden, aber letztendlich macht eine barrierefreie Datei aus meiner Sicht nur Sinn, wenn alle relevanten Fakten berücksichtigt werden. 
Die Erstellung hat mir nebenbei viel Spaß gemacht und ich finde es sehr wichtig, dass Sie die Broschüre anbieten.

Hier gelangen Sie zum BIT-Zentrum und seinem Angebot.

Foto: Privat